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Rede zum Haushalt 2015/2016 von Dr. Jan Gradel

Haushalt 2015/2016 by Diemer Haushalt 2015/2016 by Diemer

Haushaltsplanentwurf 2015/2016

Alle zwei Jahre ist der Heidelberger Gemeinderat damit befasst, die fiskalischen Eckdaten für die kommenden Jahre festzulegen um damit für die Stadtpolitik der mittelfristigen Zukunft einen Handlungskorridor zu definieren. Seit vielen Jahren schon verfolgen wir die Entwicklungen der kommunalen Finanzen und das Wechselspiel zwischen der Bezuschussung von Bund und Land und der eigenen Ertragskraft der Kommune und die sich daraus ergebenden Handlungsoptionen und Abhängigkeiten.  

Wir sehen hier eine immer stärker werdende Diskrepanz zwischen den wachsenden Aufgaben der Kommune und den von Stuttgart oder Berlin zur Verfügung gestellten Mitteln. 

Auch wenn wir an dieser Stelle lobend erwähnen wollen, dass aus Stuttgart mehr Mittel für den  Bereich der Kindertagesstätten kommen und aus Berlin 5 Mrd. zusätzlich für den kommunalen Lastenausgleich eingestellt wurden, so sehen wir doch mit großer Sorge auf die Finanzpolitik im Euroraum und auf vorbereitete Beschlüsse in der Bundes- und Landesfiskalpolitik. Wir sehen einen chronisch unterfinanzierten Verkehrsinfrastruktursektor,  sei es für Projekte des motorisierten Individualverkehrs, sei es für Projekte im öffentlichen Personennahverkehr.

Und wir sehen auch stetig steigende Soziallasten- Lasten zur Daseinsvorsorge aber auch die Lasten, die auf die Kommunen übertragen werden für Menschen, die an anderen Orten in Not geraten sind.  

Wir als bundesweit verantwortliche Partei werden uns an entsprechender Stelle dafür einsetzen, dass in Zukunft die Kommunen eine bessere Finanzausstattung bekommen. 

Nun zu unserem kommunalen Haushalt: Gerade unter diesen schwierigen und auseinander driftenden Rahmenbedingungen bei den allgemeinen kommunalen Finanzierungsmitteln ist es dem Kämmerer, Bürgermeister Heiß, seinem Team und natürlich den anderen Dezernenten unter Oberbürgermeister Würzner  gelungen, einen ausfinanzierten Haushalt vorzulegen und, das darf ich an dieser Stelle unumwunden sagen, der selten so ausgewogen und auf den Punkt gebracht unseren Vorstellungen entsprach. 

Dafür an dieser Stelle unser ausdrücklicher Dank und dies nicht nur an die Mitarbeiter im OB- Referat und Kämmerei, die direkt mit der Zusammenstellung des Haushaltes befasst waren, sondern gerade an alle leitenden Mitarbeiter unserer Stadt und diejenigen die Finanz- und Budgetverantwortung tragen für ihre Beiträge und für ihren Willen, aus der gebotenen Rücksicht auf das Haushaltsvolumen ihren jeweiligen Etat zusammenzustellen und anzumelden. 

 Der nun vorgelegte Doppelhaushalt hat ein Volumen von etwas mehr als 1 Milliarde € und darin enthalten eine Investitionssumme von 177 Millionen € bei einem eigenen Finanzierungsanteil von 100 Millionen.  Erwähnt sollen hierbei die globalen Minderausgaben in Höhe von 2 Mio. € sein. Das ist ehrgeizig und kann sich in der Bundesrepublik wahrlich sehen lassen.

Es wurde auch von der Stadtverwaltung versucht, die Eckwerte aus dem Leitantrag des vorangegangenen Haushalts 2013 und 14 einzuhalten. 

Doch es war und ist zumindest mit uns Konsens - angesichts der enormen finanziellen Aufwendungen, verursacht durch die Konversion, sei es auf den US Militärflächen, sei es in der Bahnstadt aber auch durch die bevorstehenden Investitionen in das Mobilitätsnetz und in die chronische Unterfinanzierung unseres öffentlichen Personennahverkehrs und damit der Stadtbetriebe - von der dort vorgesehenen Obergrenze einer Nettoneuverschuldung von 20 Millionen € jährlich abzuweichen. Wir werden das mittragen.

Eine andere wichtige Vorgabe aus dem Leitantrag war, dass die Ausgaben jährlich weniger stark steigen sollen als die Einnahmen, und hier ist der Wert von weniger als 2 % gut erreicht worden, so dass in diesem wichtigen Ertragswert die Vorgaben eingehalten wurden.

Ein großes Lob kommt von uns an dieser Stelle an die im Haushalt verankerte Weiterführung des Schulsanierungsprogrammes und anderer Programme im Bereich der Schulträgerschaft, der Programme im Bereich der Vereins- und Kulturförderung. Letztere hat nun wirklich ein Level erreicht, das in der Bundesrepublik seinesgleichen sucht. 

Loben und bedanken möchte ich mich an dieser Stelle auch um die geplante Erhöhung der Fraktionsgeschäftskosten, die mit dem jetzt erreichten Kennwert ein Niveau erreicht, welches einer Stadt mit über 150.000 Anwohnern gerecht wird und uns in die Lage versetzt, die Arbeit der Stadtpolitik nun effektiv zu begleiten. 

Wir hatten daher nur wenige Änderungsanträge für den vorgelegten Haushalt vorbereitet. 

Für den Bereich der Schulen sehen wir einen erhöhten Bedarf in der Schulsozialarbeit an unseren Gymnasien und es fehlten uns Mittel für eine Mensa in der Waldparkschule. 

Uns fehlen auch mehr Mittel für das Gesamterscheinungsbild unserer Stadt. 

Das Thema Sicherheit Ordnung und Sauberkeit sollte nicht unterschätzt werden! 

Die Aufenthaltsqualität und das Erscheinungsbild in den Stadtteilen möchten wir verbessern. Dafür möchten wir Mittel für ein Quartiersmanagement in Boxberg, mehr Mittel allgemein für die Grünpflege und  für die die Planung und Anlage von Stadtteilmittelpunkten hier insbesondere im Bereich MarkTwainVillage. 

 Letzteres möchten wir korreliert sehen mit einer Erinnerungsstätte für die Amerikaner in unserer Stadt und beantragten Projektmittel für ein solches Zentrum. 

Auch Friedhöfe gehören zu den Aufenthaltsorten dieser Stadt hier sehen wir Bedarf für ein Programm zur schrittweisen Ertüchtigung unserer Friedhofskapellen  mit Mikrofonanlagen und überdachten Sitzgelegenheiten in allen Stadtteilen.

Wir sehen auch Defizite bei verschiedenen Radwegen, insbesondere in der Auszeichnung und in der Beleuchtung und haben hier einige Lückenschlüsse beantragt. Wir sehen hingegen keinen Bedarf für eine Radbrücke 150 m neben der Ernst-Wal- Brücke und 150 m neben einem existieren Wehrsteg.

Für den Bereich der Sportförderung hätten wir gerne die fehlenden 300.000 € für das Raumprogramm Erlenweghalle eingestellt und beantragen darüber hinaus Mittel für unsere Stadtteilvereine und für die Brauchtumspflege.

Auch im Bereich der Kulturförderung haben wir noch Besserungswünsche: Hier geht es uns insbesondere um eine Verbesserung der finanziellen Ausstattung der Schurmann Gesellschaft, DAI, des Unterwegs Theaters, des interkulturellen Zentrums, des Hauses am Wehrsteg, und für Unser Festival Enjoy Jazz. Im Rahmen unserer Willkommenskultur und der Integration haben wir auch mehr Mittel für das interkulturelle Zentrum, dem interkulturellen Elternverein und für Projekte des AMR beantragt

Im Bereich der sozial tätigen Vereine möchten wir Luca, Frauen helfen Frauen, Fairmann und Bibez  stärker fördern als im Haushalt vorgesehen.

Weiterhin sehen wir im Bereich Erscheinungsbild unserer Stadt insbesondere großen Handlungsbedarf bei der Straßenerneuerung 

Auch wenn für diesen Bereich ein Sonderbudget im Haushalt eingestellt ist, denken wir, dass wir dieses noch um je 1 Million € jährlich erhöhen müssen. Unsere Straßen müssen endlich in einen Zustand gebracht werden, der nicht nur verkehrssicher ist, sondern der auch von einer hohen Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum zeugt. Es ist manchmal wirklich eine Schande.

Ich hatte meine Ausführungen zum Haushalt damit begonnen die chronische Unterfinanzierung der Kommunen allgemein darzustellen. 

Deshalb ist es von besonderer Wichtigkeit, dass die Kommunen eine hohe eigene Ertragskraft bekommen. Dieses kann nur durch eine starke eigene wirtschaftliche Leistung und Wertschöpfung erbracht werden.

Nur aus einer eigenen wirtschaftlichen Ertragskraft erwächst die finanzielle Stärke einer Kommune und nur dann können auch Gelder für die Gestaltung des öffentlichen Raumes und für die Förderung des für uns so wichtigen öffentlichen Lebens aufgebracht werden. 

Daher liegt ein Schwerpunkt unserer Haushaltsanträge im Bereich Wirtschaftsförderung. 

Hier fordern wir nicht nur die Projektmittel, um die Gewerbeflächenentwicklung wieder auf das Niveau der Vorjahre zu bringen, sondern die Projektmittel allgemein aufzustocken und eine zusätzliche Stelle im Amt für eben diese Aufgaben einzurichten. 

Die vorgelegten Gutachten zu Gewerbeflächenbedarf in unserer Stadt, aber auch die Gespräche und Veranstaltungen zusammen mit der Kreishandwerkerschaft, der Industrie- und Handelskammern und Vertretern der Wirtschaftsförderung haben klar aufgezeigt, dass es zwei Gründe sind, die einen Betrieb daran hindern sich in Heidelberg anzusiedeln oder hier zu erweitern. 

Der eine ist seit langem bekannt und auch der CDU ein Dorn im Auge: die mangelnde Verkehrsinfrastruktur, die schlechte Erreichbarkeit und die künstlich niedrig gehaltene Leistungsfähigkeit unserer Straßen und eine Verweigerung dieses Gemeinderates notwendige Brücken und Straßen einzurichten, damit der Verkehr so fließen kann, wie von einer Wirtschaftlich leistungsfähigen Stadt gefordert. 

Gerade in der letzten Gemeinderatssitzung haben wir gesehen, dass dies nicht nur den Bereich der Wirtschaft betrifft, sondern eben auch den Ausbau und die Ent- wicklungsmöglichkeiten unserer Universität. Wir erinnern uns: In einer nichtöffentlichen Sitzung haben sich 19 Stadträte für und nur 12 gegen einen so wichtigen Masterplan für das Neuenheimer Feld ausgesprochen. In der öffentlichen Sitzung am Tag darauf entschieden sich plötzlich nur noch 18 Stadträte dafür und 24 – öffentlichkeitswirksam - dagegen! Das sind keine zukunftstauglichen Entscheidungen um unsere Stadt voranzubringen!

Vor kurzem erst haben wir gesehen, dass dies nicht nur den Bereich der Wirtschaft betrifft, sondern eben auch den Ausbau und Entwicklungsmöglichkeiten unserer Universität.

Ein zweiter wesentlicher Grund ist der Preis der Gewerbeflächen. Hier möchten wir Mittel für ein Projekt einstellen, das nicht nur mehr Angebote an Gewerbeflächen in dieser Stadt ermöglicht, sondern auch Mittel und Wege aufzeigt, wie Gewerbeflächen günstig zu halten sind und mit welchen Mitteln wir Betriebe hier in unserer Stadt halten können.

Das wird eines der wichtigsten Aufgaben dieser Kommune im Wettstreit der Standorte sein. Wer hier das Startsignal verpasst, hier zu lange zögert, dem wird die mangelnde Finanz- ertragskraft in der Zukunft sehr schnell einholen, und wir denken, dass diese Projekte jetzt längst überfällig sind.

Ich habe alle haushaltspolitischen Sprecher eingeladen zu gemeinsamen Sitzungen, in der wir uns Zeit nehmen und in Ruhe und ohne Aufgeregtheit unsere Anträge untereinander abstimmen können, und ich hoffe, dass wir im Konsens eine große Mehrheit für den hier vorgelegten Haushaltsplan bekommen. Wichtig hierbei ist eine ruhige, konstruktive und sachliche Debatte bis zur Verabschiedung dieses Haushaltes.

 

Gelesen 4784 mal Letzte Änderung am 11.03.2015